Gambia . wenn einer eine Reise tut, dann kann er viel erleben …

Unser Abenteuer Afrika, hatten wir uns in den buntesten Farben ausgemalt… Doch zu dem Zeitpunkt, als uns dieses neu gewonnene Nomadenleben entrissen wurden, hatten wir gerade mal Marokko, die Westsahara, Mauretanien, Senegal und Gambia durchquert. Wir waren im Süden Senegals, der Casamance und überlegten auf welchem Wege wir nach Guinea Conacry einreisen sollten, als uns ein Anruf aus der Heimat erst den Boden unter den Füssen und dann unsere Reisepläne (vom Bodensee bis Südafrika) wegriss …

Statt der Frage, über welche Route wir nach Guinea Conacry einreisen wollten, stellte sich uns nun die Frage, welcher internationale Flughafen am günstigsten liegt und welche Stadt für die nächsten Wochen unsere „Base“ sein sollte. Das aus Wochen Monate werden würden, wussten wir zu dem Zeitpunkt noch nicht. Conacry weiter im Süden, oder zurück nach Banjul?

Da wir in Sukuta/Gambia für uns einen passenden Platz gefunden und uns dort wahnsinnige Hilfsbereitschaft entgegengebracht wurden, fiel unsere Wahl auf Gambia. Frau G sprang in Banjul den nächsten Flieger und Herr L zog mit dem Gefährt auf den Platz der DBO (Dresden Banjul Organisation) in Sukuta. Mit einigen Unterbrechungen, sollte die DBO für ein halbes Jahr Herrn L’s neues zu Hause werden.

Gambia

Während diesen halben Jahres, erhielt Herr L tiefe Einblicke in das flächenmässig kleinste Westafrikanische Land, dessen Korruptionsindex sehr hoch, und dessen Lebensstandard sehr niedrig ist. Drei Dinge sind uns bereits im September 20222 bei unserer Reise durch Gambia aufgefallen:

  1. Der Müll, den wir überall zu Gesicht bekamen und je näher wir Serekunda bzw. der Hauptstadt kamen, desto schlimmer wurde es.

  2. Gefühlt gibt es im flächenmässig kleinste Land Westafrikas wohl mit Abstand die grösste Anzahl an Hilfsprojekten, unterstützen Hilfsprojekte und tätigen Hilfsorganisationen.

  3. Übermässig viele Polizei-, Zoll-, Drogenfahnder-Kontrollen … etwa alle 10 km mussten wir anhalten, der Grund unserer Fahrt wurde erfragt, vom Zoll auch gerne mal die Papiere kontrolliert und zum krönenden Abschluss noch unverhohlen nach einem Geschenk oder Geld gefragt.

Und Letzteres führt zum grossen Dilemma dieses Landes - Korruption an allen Orten, in einem Ausmass welches für uns vorstellbar ist.

Beispiel Fischereirechte

Gambia hat reiche Fischgründe deren sämtliche Fischereirechte mittlerweile an die chinesische Fischfangflotte verkauft wurde. Die einheimischen Fischer, die lediglich über kleine traditionelle Fischerboote verfügen, haben das Nachsehen weil ihnen nur der schmale, bereits überfischte,  Küstenstreifen verbleibt.

Der Erlös aus dem Verkauf der Fischereirechte, könnte in die einheimische Fischindustrie, in eine konkurrenzfähige Fischereiflotte investiert werden … jedoch weit gefehlt. Niemand kann Auskunft geben, wohin der Erlös aus dem Verkauf der Fischereirechte hingekommen ist - ein Schelm wer sich dabei etwas Böses denkt.

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Ein anderes Beispiel gefällig?

Beispiel internationaler Flughafen Banjul

Gambia hat ausser ein paar Tonnen Erdnüsse nichts was das Bruttoinlandsprodukt entscheidend fördert - es sei denn, wir sprechen hier noch über das bisschen Tourismus, welcher vor Covid noch vorhanden war, mittlerweile aber eingebrochen ist und weit hinter den Zahlen von 2018 herwinkt.Touristisch bietet das Land neben ein paar wirklich schönen Stränden und unzähligen “Bumster”, nicht sehr viel. Die meisten dieser Ferienreisende erreichen das Land über den internationalen Flughafen Banjul.

2018 drohten die internationalen Fluggesellschaften ihre Flüge nach Banjul einzustellen, da der Flughafen nicht mehr internationalen Sicherheitsstandards entsprach. Die rings um den Flughafen gelegenen illegalen Mülldeponien zogen unzählige Geier und andere grosse Greifvögel an, was den Flugverkehr durch Vogelschlag erheblich gefährdet.

Die EU stellte daraufhin Gambia 15 Millionen Euro für die Sanierung der Mülldeponien zur Verfügung. Ein halbes Jahr, oder zwei zugeschüttete Deponien später, war urplötzlich kein einziger Euro/Dalasi mehr für die anstehenden Arbeiten da. Die Arbeiten mussten eingestellt werden und die Fluggesellschaften drohen erneut mit dem Einstellen des Flugverkehrs.

Fragt sich nur, wer nun das nötige Geld aufbringen wird.

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Beispiel Schulsystem

Gambia verfügt über kein funktionierendes, staatliches Schulsystem. So lernen etwa 80% der schulpflichtigen Kinder in privaten, von Hilfsorganisationen getragenen Schulen, rudimentär lesen und schreiben. Es macht sich der Eindruck breit, dass die jetzige Regierung keinerlei Interesse daran hat, ihre Bevölkerung auf ein vernünftiges Bildungsniveau zu hieven.

DBO . Interior Academy . erste integrative Schule Gambias

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Beispiel Straßenkontrollen

Das monatliche Gehalt eines Polizisten, der bei Wind und Wetter an den unzähligen Checkpoints steht, reicht gerade aus, dass er für sich und seine Familie einen Sack Reis kaufen kann. Und wen wundert es noch, wenn dieser Polizist oder auch Zöllner, seine Hände für eine kleine finanzielle Unterstützung offen hält? Und dies nicht nur bei Reisenden, sondern auch bei den Einheimischen.

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Beispiel 6-spurige Autobahn

Derzeit wird eine eine 6-spurige Autobahn vom Flughafen zum Kongresszentrum “Sir Dawda Kairaba Jawara International Conference Centre”gebaut. Das Kongresszentrum selbst wurde durch chinesische Gelder gefördert.

“Der Bau dieses Zentrums war ein vorrangiges Projekt, da es eine Voraussetzung für die Ausrichtung des Gipfels der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) im Jahr 2022 ist. Die Einrichtung ist auch forciert worden, um einen langjährigen Bedarf in einer Nische für Tourismus und Entwicklung zu decken, wie es im Nationalen Entwicklungsplan (2018–2021) vorgeschlagen wurde. Das Projekt wurde mit einem finanziellen Aufwand von 50 Mio. US$ (ca. 45 Mio. €) angegeben und wurde von der Volksrepublik China gefördert. Ursprünglich war Gambia als Austragungsort für das Gipfeltreffen der muslimischen Welt im Jahr 2019 eingeplant, aber die Veranstaltung wurde nach Saudi-Arabien verlegt, weil in Banjul die erforderliche Infrastruktur fehlte.”

Quelle: Wikipedia

Und eben jene fehlende Infrastruktur wurde seit Ende 2022 nachgeholt. Das ganze Projekt wird aus Saudi Arabien finanziert und auch mit ausländischen Firmen, Maschinen und Arbeitern. All das ist für die Bevölkerung blanker Hohn, sind doch die meisten Strasse der beiden Städte reine Lehm- und Sandpisten, die während der Regenzeit kaum passierbar sind. Im übrigen, beginnt die neue Autobahn bereits in den fertiggestellten und eröffneten Bereichen wieder an zu zerbröseln; zwecks Profitmaximierung wurde der geplante Asphaltbelag um die Hälfte reduziert …

Hinzu kommt, dass die zwei dreispurig angelegten Fahrbahnen - typisch gambianisch/westafrikanisch - von beiden Richtungen genutzt werden. Innert kurzer Zeit haben sich zwei schwere Unfälle ereignet, so dass die Autobahn wieder gesperrt und durch die Polizei / das Militär gesichert wurde.

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Während seines halbjährigen Aufenthaltes hat Herr L für verschiedene (Hilfs-) Organisationen und an den unterschiedlichsten Projekten gearbeitet. Er hat Bäume gefällt, Zäune und Schwingtüren gebaut, Schulen und eine Krankenstation renoviert, gestrichen und Fenster abgedichtet, Fischerboote zu Wasser gebracht … bei allen Arbeiten hat er mit Gambianern zusammengearbeitet, die unisono den korrupten Staat kritisiert und für das Elend in Gambia verantwortlich gemacht haben.

Erstaunlicherweise haben sich viele dieser Menschen den früheren Diktator Yahya Jammeh, Staatspräsident von 1996 bis Anfang 2017, zurückgewünscht.

So gab es während Jammeh’s Regierungszeit “Operation Clean The Nation” oder “Set Settal” / “Setal”, welche einmal monatlich gegen die Müllthematik ankämpfte.

Und hier beginnt ein Dilemma. Ist es richtig, die westliche Vorstellung von Demokratie zu exportieren? Ist es in OK im Giesskannenprinzip Entwicklungshilfe zu leisten ohne die jeweiligen Regierungen in die Pflicht und Verantwortung zu nehmen? Ist es richtig die Geschichte der Kolonisierung permanent zu bemühen um jegliche Misswirtschaft zu rechtfertigen. Warum werden diese Gesellschaften von den Männern dominiert während die Frauen die meiste Arbeit verrichten?

Was Gambia anbelangt sind wir komplett desillusioniert und das Gefühl, das alle Hilfe die dort geleistet wird, doch irgendwie sinnlos ist, schleicht sich ein … doch, dann gibt es Menschen wie Heinz Bormann mit der DBO (Dresden Banjul Organisation), der sich seit Jahrzehnten in Gambia und für Gambia in verschiedenen Projekten einsetzt.

DBO - Dresden Banjul Organisation

Mit viel Herzblut hat Heinz in privater Initiative bisher zwei Schulen, eine Krankenstation, ein Restaurant (Ausbildungsbetrieb) mit eigener Bäckerei und Armensepisung, eine Kompostanlage, eine LKW Werkstatt (Ausbildungsbetrieb), aufgebaut.

Und wenn aus jedem dieser Projekte, ein guter Mitarbeiter, eine gute Idee, ein Funken mehr Freude entsteht, so hat sich dessen Engagement gelohnt!

Die Krankenstation Kundembo von Dr. Sulayman Sambou wird so gut von der Bevölkerung angenommen, dass eine Erweiterung bereits in Planung ist.

All das sind für uns Gründe, die Projekte von Heinz in Zukunft weiter unterstützen und hoffentlich auch persönlich beim Bau der Geburtsstation von Dr. Sulayman Sambou in Gunjur tatkräftig mitzuhelfen. Um nicht zuletzt unsere dort neu gewonnen Freunde wieder in die Arme schliessen können.

Ein kurzer Bericht über die Situation in Gambia:

https://www.youtube.com/watch?v=xn5YDOMpK1E

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