Marokko - Mauretanien: Grenzerfahrung

Wie einfach ist es doch in Europa zu reisen… An der Grenze kurzzeitig die Geschwindigkeit reduzieren und schwupp, hat man diese mit dem Auto passiert. Auch ein vergessener Reisepass macht Nichts; wer will denn den heutzutage in Europa noch sehen?!¨ Selbst die Einreise in die Schweiz gestaltet sich seit dem Schengen Abkommen als sehr einfach. Anders verhält sich das in Afrika, wie wir es bei unserem ersten Grenzübertritt von Marokko nach Mauretanien erlebt haben.

Seit ein paar Tagen sind wir bereits in dem Land, in dem weder Milch noch Honig, geschweige denn alkoholische Getränke fliessen. Ein Land, welches gefühlt zu 95% aus Sand besteht und in dem die Sonne extra stark vom Himmel brennt. Mauretanien ist seit 2008 eine moslemische Republik, deren Verfassungsgrundlage der Koran ist. Auf dem weltweiten Demokratieindex steht das Land relativ weit hinten, auf dem Korruptionsindex dafür relativ weit vorn.

Doch zurück zu unseren Erlebnissen, wie sie subjektiv von uns (das sind Herr L und Frau G sowie „die Dresdner”, Jule und Marcel in ihrem LT, mit denen wir seit geraumer Zeit zusammen reisen), wahrgenommen wurden.

Ausreise Marokko

Nachdem wir die Nacht quasi direkt vor der Grenze zwischen unzähligen Lastwagen auf einem Tankstellengeländer verbracht haben, fahren wir pünktlich zur Grenzöffnung um 09:00 Uhr auf marokkanischer Seite vor.

An einem ersten Tor gestoppt, werden streng unsere Pässe kontrolliert, mit einem Handy abfotografiert und auch das Kennzeichen unseres „Gefährts“ gelangt in die Fotodatei des Zolls. Im Schritttempo geht es wenige Meter weiter, um erneut Pässe und diesmal auch noch die Fahrzeugpapiere vorzulegen.

Einige Meter von uns entfernt stehen einige Männer und warten… Sahauris, Marokkaner, ein paar Portugiesen die, wie sich später im Gespräch herausstellt, unterwegs in den Guinea sind, um dort ihre Autos zu verscherbeln. Da wir nicht genau erkennen können, warum sie da stehen und warten, (sich indirekt der Gefahr aussetzen von einem der ungeduldig wartenden LKW-Fahrer, überrollt zu werden) steigen wir (Marcel und Herr L.) aus und schauen uns das an.

Aha, Pässe abgeben und wieder warten, ohne zu wissen was damit in dem dunklen Kabäuschen vor sich geht. Während wir so warten, können unsere Fahrzeuge weiter Richtung „Röntgen“ aufrücken. Zum allgemeinen Erstaunen der anwesenden Trucker und Zöllner, fährt Frau G unseren Mog eine Station weiter bis vor die Röntgenstation. Allerdings ist da erstmal stop, denn der Fahrzeughalter (Herr L) muss mit dem Reisepass das Fahrzeug zum Röntgen anmelden.

Also alle vier vor das dunkle Kabäuschen, Pässe mit den Gesichtern abgleichen lassen, Infos in den Computer tippen und wie bekommen die Pässe wieder ausgehändigt. Zurück zur Anmeldung an der Röntgenstation. Als erstes der mittlerweile obligatorische Blick in den Reisepass und danach wurden sämtliche Daten unseres Unimogs handschriftlich in das dicke Buch eingetragen oder besser gesagt rein gemalt.

Anschliessend wurden wir mit dem Unimog in die Röntgenhalle gelotst und durften das Fahrzeug zu verlassen. Wie in einer Waschstrasse umspannt ein nach unten offener rechteckiger Rahmen die abgestellten Fahrzeuge, setzt sich wie von Zauberhand in Bewegung und zeitgleich wertet irgendjemand, irgendwo die Aufnahmen aus und befindet darüber, ob das Fahrzeug vor der Ausreise nach Mauretanien durchsucht werden muss oder nicht.

Nach dem Röntgen, Fahrzeug aus der Halle rausfahren, von weiteren marokkanischen Grenzern in die nächste Position beordert werden, ein weiteres Mal Pässe vorlegen, mit den Beamten scherzen und ob des ganzen Prozedere milde lächeln vertrieben wir uns die weitere Wartezeit….  Wenn da nicht der Hunger gewesen wäre, hatten wir ja noch nicht gefrühstückt!

Plötzlich kam erneut Bewegung in die Sache. Während um uns herum alle damit beschäftigt waren ihr Gepäck aus- und abzuladen, sollten wir, bzw. die europäischen Fahrzeughalter mit dem ausgehändigten Handzettel beim „Inspecteur“ antraben. Mit einer groben Wegbeschreibung sind wir zurück zum Hauptgebäude, es folgte ein Irrlauf durch das Gebäude, um dann schlussendlich dem Chef gegenüber zu stehen und ihm den Handzettel, auf dem etwas auf arabisch stand auf den Schreibtisch zu legen. Nach gewichtigem Studium des Zettels, forderte er uns auf ihm zu unseren Fahrzeugen zu folgen. Also trabten wir wieder zurück. In der Zwischenzeit hatte ein weiterer Zöllner unserem Gefährt einen Besuch abgestattet und sich hauptsächlich danach erkundigt, ob wir in Marokko jagen waren. „c’est une visite sans contrôle“. Der Inspecteur schaute sich nun unser Gefährt von aussen an, es folgte ein Austausch mit den uniformierten Beamten und schlussendlich wurde auf eine eingehende Durchsuchung des Fahrzeugs verzichtet. Also zurück in das Büro des Inspecteurs, nochmals den Pass vorlegen, einen kurzen Vermerk in den Laufzettel und schon konnten wir zu unseren Fahrzeugen zurück, den Laufzettel nochmals an zwei Kontrollstellen vorlegen, dazu jeweils noch den Pass und nach gut einer Stunde waren wir durch den marokkanischen Zoll.

Wir waren bereit für die Mauretanier!

Einreise Mauretanien

Auffällig war das Erscheinungsbild des mauretanischen Militärs: gross gewachsene, kräftige Männer in grüner Militärkleidung, Kopf und Gesicht in einem passenden Tuch eingehüllt, konnten wir lediglich ihre Augen sehen. Oder diese wurden zusätzlich noch von einer Sonnenbrille verborgen.

In vielen Reiseführern wird auf sogenannte Schlepper/Fixer hingewiesen - Männer, die sich anerbieten bei den Formalien des Grenzübertrittes behilflich zu sein und ihre Klienten durch das Prozedere der Grenzabfertigung lotsen. Auch wir hatten, ohne dass wir es richtig bemerkten, plötzlich einen der unzähligen Fixer im Schlepptau und dachten aufgrund seines Auftretens, er sei von offizieller Stelle. Erst auf die Frage wer er den eigentlich sei, gab er sich als Schlepper zu erkennen. Mehrfach mussten wir uns ganz entschieden seinen Diensten verweigern und erst als Frau G (zur Belustigung des mauretanischen Militärs) den Schlepper in seine Grenzen wies, lies dieser von uns ab. An dieser Stelle können wir nur festhalten, dass die Dienste eines Schleppers absolut nicht notwendig sind und es für ihn nur ums Geld machen geht.

Auch auf mauretanischer Seite begann das Einreiseprozedere mit dem Vorlegen der Pässe, während parallel dazu unser Gefährt akribisch von mehreren durchsucht wurde - nur der Drogenhund verweigerte seine Dienste und wollte partout nicht in das Fahrzeug klettern - weil zu hoch. Das Ergebnis der Durchsuchung - eine gut gekühlte Dose Bier die hoch offiziell beschlagnahmt wurde. Auch wurden sämtliche Medikamente aus dem Unimog raus und in das Büro getragen.

Unterdessen ging der formale Vorgang weiter… Visa beantragen, dann Fingerabdrücke scannen, fürs Passfoto lächeln, bezahlen und schon wird das 30-tägige Visa in den Reisepass geklebt und wir zur nächsten Behörde entlassen.

Am eigentlichen Zoll wären wir beinahe vorbeigefahren, wurden aber im wahrsten Sinne des Wortes zurückgepfiffen. Im dortigen Büro waren zwei Männer; der eine „lümmelte“ auf einer Liege der andere sass am Schreibtisch und nahm unsere persönlichen Daten, sowie die des Gefährts auf, das wir gegen eine geringe Gebühr (10 Euro) einführen mussten. Dabei spielte sich bei der Bezahlung eine weitere lustige Rangelei ab, bei der Marcel den Beamten unbeabsichtigt vollkommen verwirrte. Ganz allgemein herrschte bei allen Vorgängen eine heitere bis fröhliche Stimmung. Es wurde von beiden Seiten gescherzt, sich gegenseitig auf die Schultern geklopft und wir hatten das Gefühl bald durch die Kontrollen gelangt zu sein. Doch als wir uns einen weitern Stempel für den Pass holen wollten, wurden wir direkt zum Polizeichef des Grenzposten gebracht.

Der Polizeichef, ein Mann Mitte 50, korrekter Sitz der Uniform (allerdings in Sandalen) begrüsste uns mit dem üblichen „Ça vas?“. Nachdem die Herren Platz genommen hatten, wurde Marcel direkt darüber belehrt, dass es in Mauretanien Gang und Gebe sei, dass Frauen sitzen und er Frau G seinen Sitzplatz anbieten solle. Dies hatte Marcel aber bereits auf deutsch getan, was der Polizeichef jedoch nicht mitbekommen hatte, aber Frau G wollte lieber stehen. Doch der Polizeichef gab erst Ruhe, nachdem auch Frau G Platz genommen hatte.

Nach einer weiteren Überprüfung der Reisepässe (bei der sich der Polizeichef mehrfach über das veraltete Foto in Marcels Reisepass amüsierte) wurden wir nach der geplanten Reiseroute befragt, die feinsäuberlich auf einen Fresszettel notiert wurde. Danach packte der Chef ein Bündel Geldscheine aus der Tasche und klärte uns über den Umgang der hiesigen Währung Ouguiya auf. Eine 2017 erfolgte Währungsreform führt dazu, dass die Mauretanier nach wie vor die alten Beträge nennen, dieser jedoch durch 10 dividiert werden muss. Wie in der Grundschule haben wir dann ein paar Rechenaufgaben zur Währung gelöst, bis der Chef mit unserer Leistung zufrieden war. Danach wies er uns eindringlich auf die Gefahren der Wüste  hin und bat uns, sollten wir irgendwo in Schwierigkeiten geraten, ihn zu kontaktieren. Auch musste Jule eine mauretanische SIM Karte kaufen, so dass sich der Polizeichef eine Telefonnummer hatte, unter der er uns erreichen könne.

Dann der ersehnte Stempel in den Reisepass und zurück auf der Strasse, ein fröhliches Verabschieden von den Grenzbeamte mittels kräftigen Handschläge oder Ghetto-Faust und wir konnten(fast) los.

Denn wir mussten noch eine mauretanische Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung abschliessen, was jedoch gelinde gesagt, reine Abzocke ist.

Nach knapp 5 Stunden öffnete sich der letzte Schlagbaum und wir waren endlich auf mauretanischen Strassen unterwegs.


Nachtrag:

Die erste Nacht verbrachten wir auf einem Campingplatz in Nouadhibou und wie es der Zufall es will, schlug dort am Abend noch ein weiterer Deutscher auf. Simeon, dem an der mauretanischen Grenze erzählt wurde, dass am selben Tag bereits vier Deutsche mit zwei wahnsinnigen Fahrzeugen und alle gut drauf eingereist seien… ja, das waren dann wohl wir.

Zurück
Zurück

Mauretanien . Offroad entlang der einzigen Bahnlinie

Weiter
Weiter

Westsahara . Unsere Begegnungen mit dem Militär