Westsahara / Marokko . Reisen während des Ramadan رمضان

„Der Ramadan beginnt, wenn der Neumond wie eine Schale unter der Venus steht. Nach maximal 30 Tagen, wenn der Neumond wieder unter der Venus steht, beginnt Bayram. Und die mauretanische Flagge zeigt genau das: den Neumond unter der Venus“.

Wir hatten Mauretanien kurz zuvor verlassen, standen mit unseren Reisegefährten an der Atlantikküste der Westsahara und schauten in den Abendhimmel, als C. diese Geschichte erzählte, die sie von Justus (Bab Sahara) in Atar gehört hatte. Und tatsächlich, da schob sich die feine Mondsichel unter die Venus!

So begann für uns am 23.03.2023 der Ramadan, bzw das Reisen in muslimischen Ländern während des Fastenmonats.


Der heilige Monat des Islam, beginnt mit der Sichtung der Mondsichel nach dem Neumond im neunten Monat des islamischen Kalenders. Da sich der islamische Kalender nach den Mondphasen richtet, wandern die Daten des islamischen Jahres aus der Perspektive des Sonnenkalenders (christlich-gregorianische) durch das Jahr, daher beginnt der Ramadan jedes Jahr etwa zehn bis zwölf Tage früher als im Jahr zuvor. 

Für Musliminnen und Muslime ist das jährliche Fasten eine der fünf Säulen ihrer Religion – neben dem Pilgern nach Mekka, den täglichen Gebetszeiten, dem Glaubensbekenntnis zu Allah als einzigem Gott und dem Spenden, welches wir als Charite auf unserer Reise kennengelernt und erfahren haben.

Im Arabischen heißt Fasten „Saum" هدب  und bedeutet das Herz und die Seele reinigen, Platz für den Glauben schaffen und an Menschen denken, denen es nicht so gut geht. Kurzum, durch die Entbehrungen soll der Glauben gestärkt und Raum zur Selbstbesinnung entstehen. Für die Muslime bleiben daher während des Ramadan von Tagesanbruch bis zum Sonnenuntergang Teller, Tassen und Gläser leer. Daher ist es besonders in heissen Regionen wichtig, beim abendlichen Fastenbrechen (Iftar) und beim morgendlichen Frühstücken (Sahur) auf richtigen Lebensmittel zu achten und ausreichend Flüssigkeit für den Wasserhaushalt des Körpers aufzunehmen.

Aber nicht nur der Verzicht auf Nahrung, sondern generell soll sich im Fastenmonats auf das nötigste beschränkt werden - auch beim Reden, es soll kein Parfum benutzt, nicht geraucht, auf Sex und Luxus verzichtet werden. Vom Fasten werden jedoch Alte und Kranke, Kinder, Schwangere und Reisende sowie Soldaten im Krieg ausgenommen - sie können das Fasten zu einem späteren Zeitpunkt nachholen.

Doch was heisst das für uns, bzw. für das Reisen in muslimischen Ländern?

Zuerst einmal war dies keine so grosse Umstellung, da wir erst ein paar Tage zuvor aus Mauretanien eingereist waren. Im Wüstenstaat ist Alkohol, sprich der Kauf und Genuss verboten und es gibt auch kaum Restaurants, oder Cafés - wie sie in Marokko zum Strassenbild gehören. In Marokko hingegen, ist der Verkauf von Alkohol zwar nicht per se verboten, allerdings müssen sich die Reisenden schon zu einschlägigen Verkaufsstellen durchfragen, oder bemühen entsprechende Apps die fleissig von Overlandern mit Informationen aller Art gespeist werden.

Von Süden kommend, ist die erste Verkaufsstelle in Dakhla wohlbekannt und so hörten wir mit Erstaunen von einem anderen deutschen Reisenden, dass diese eine, wohlbekannte Quelle, während des Ramadans geschlossen sei. Vielerorts werden Restaurants bereits drei Tage vor Beginn des Ramadan geschlossen und bleiben dies auch bis 3 Tage nach Bayram. Ebenfalls verschlossen bleiben die gut sortierten Alkoholabteilungen einer französischen Supermarktkette, die wie viele Geschäfte und Läden während des Fastenmonats auch angepasste Öffnungszeiten haben.

Die Wochenmärkte finden wie in Taliouine - jedoch sehr reduziert - statt.

Denn kurz bevor die Sonne untergeht, wird in den kleinen Strassenläden die Holzkohle entfacht und Fisch, Fleisch und Gemüse auf den Grill gelegt - das frisch gegrillte schön verpackt nach Hause gebracht, um mit der Familie Iftar, das abendliche Fastenbrechen, zu geniessen, sobald die Sonne untergegangen ist. Wie die Sonne zum Mond, so gehört für die Muslime zum Fasten das Fastenbrechen, bei dem sich die Menschen treffen, gemeinsam beten, essen, trinken, lachen, reden – all das nachholen all, worauf sie am Tag verzichtet haben. Darauf wird der Tagesablauf und somit auch die Geschäftszeiten ausgerichtet sowie eine Pause eingeräumt.

Wenn nicht zu Hause, so kann das Fastenbrechen auch in einigen Restaurants begangen werden. So sahen wir kleine Gruppen und vor ihnen auf dem Tisch das traditionelle Essen, d.h. Datteln, gekochte Eier, Harira Suppe und Tee. Wir fragten, ob wir auch mitessen dürften, was herzlich bejaht wurde und ratzfatz hatten wir die Datteln und die Suppe vor uns stehen und begannen zu essen. Allerdings waren wir die Einzigen die munter aßen … Erst als der Muezzin erklang, begingen die Muslime das Fastenbrechen, welches traditionell mit dem Essen einer ungeraden Anzahl von Datteln beginnt … tja und wir? Tief beschämt genossen wir nach der köstlichen Suppe auch den leckeren Fisch.

Wir hätten gut noch die paar Minuten warten können, aber hinterher ist man meistens schlauer.

Aus Gründen des Respekts gegen über den Muslimen, versuchten wir während des Ramadans nicht auf der Strassen bzw. bzw in der Öffentlichkeit zu essen oder zu trinken. Doch das ein oder andere Mal erwischten wir uns doch, wie wir diesen Vorsatz vergaßen.

Wiederum war es C. die uns eine schöne Geschichte diesbezüglich erzählte. Sie waren im kleinen Supermarkt in Tafraout einkaufen, als sie nach Wochen der Abstinenz eine gut gefüllte Eistruhe mit Speiseeis, vor sich sahen. Voller Freude kauften sie sich jeweils ein Eis, traten in die Mittagshitze hinaus, öffneten die Verpackung und genossen einen ersten Biss. Sie standen auf der Strasse und aßen genüsslich ihr Eis, als es sie wie ein Donnerschlag traf … es ist doch Ramadan! Voller Scham suchten sie sich eine Ecke in der sie möglichst ungesehen ihr Eis essen konnten. Sie waren damit nicht allein - uns ist zum Ende des Ramadan ganz was ähnliches passiert.

Das Ende des Fastenmonats Ramadan, in diesem Jahr am 20. April, folgt das Fest des Fastenbrechens, arabisch “‘Id al Fitr”, türkisch „Ramazan Bayram“ oder das in der Türkei als „Zuckerfest" bekannt ist. Je nach Land und Region variiert die Anzahl der Feiertage und die Ausrichtung des Festes. Der Kern von Eid al-Fitr bleibt dabei aber immer gleich: Es ist ein Fest der Freude und der Begegnung.

In diesem Sinne:

PS:  siebzig Tage später, ab dem zehnten Tag des Pilgermonats (arabisch: Dhu l-hiddscha), findet das Kurban Bayramı viertägige „Opferfest“ (arabisch: Īd ul-Adha) statt, das als höchstes islamisches Fest gilt.

Es erinnert nach islamischer Überlieferung an die verhinderte Opferung von Ismael durch seinen Vater Abraham. Ein zugehöriges Ritual ist daher die Opferung eines Schafes oder einer Kuh, dessen Opferfleisch an bedürftige Menschen, Nachbarn und Freunde verteilt wird.

Das Fest hatten wir im Senegal als „Tabaski“ kennengelernt. Somit schliesst sich für uns ein Kreis und eröffnet ein neues Verständnis für den Islam.

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