Mauretanien . Mercedes 190er

Noch nie haben wir so viele Mercedes 190er älteren Baujahres auf einmal gesehen wie in Mauretanien. Offiziell wurde dieser Mittelklassewagen in den Jahren 1982-1993 von Mercedes produziert. Es scheint so, als ob sämtliche 190er vor dem Verschrotten nach Mauretanien gebracht und dort ein weiteres Leben ohne Tüv und MFK gefunden hätten. Wohin das Auge reicht, sind Mercedes 190er zu sehen… nicht alle haben Türen, Scheinwerfen und auch die Räder sind nicht immer gerade, aber solange sich das Auto irgendwie fortbewegt, rollt es in Mauretanien über die Pisten. Ganz egal, ob während der Fahrt der Kofferraumdeckel oder auch die Motorhaube aufspringt, deshalb dreht sich kein Mauretanier um … So robust und widerstandsfähig wie er ist, wird der Mercedes hier auch im Offroad-Bereich eingesetzt und so hat uns mancher auf den Wellblechpisten des Landes - selbstredend - rechts überholt.

Eine der schönsten Erfahrungen mit einem Mercedes 190er hatten wir mit Malik - dem Taxifahrer, der uns zum Kamelmarkt in Nouakchott begleitet hat.

Wir trafen Malik vor der Unterkunft und er erklärte sich nur widerwillig bereit uns zum Kamelmarkt ausserhalb der Stadt zu fahren … wohl weil wir den Fahrpreis zu hart verhandelt haben. Kaum waren die Preisverhandlungen abgeschlossen, stiegen wir zu sechst in den Mercedes. Zwei auf dem Beifahrersitz und vier auf der Rückbank - als Fahrer hatte Malik mit Abstand den meisten Platz. In seinem klapprigen Mercedes fuhren wir durch die Stadt, Verkehrsregeln vollkommen ignorierend und lernen dabei, dass sich beim Linksabbieger in die Gegenspur eingeschert und sobald es der Gegenverkehr zu lässt, die Fahrt auf der rechten, korrekten Spur fortgesetzt wird.

So unterwegs kommen wir mit dem Fahrer ins Gespräch, wie sich herausstellt ist er Senegalese und will anderen Tags über Diama zu seiner Familie in die Heimat fahren, um mit ihr Tabaski - das traditionelle Opferfest - zu feiern.

Im Verlauf der Fahrt entpuppt sich unser Fahrer auch immer mehr zum Fremdenführer und lässt es sich schlussendlich nicht nehmen, uns über den Kamelmarkt zu führen und uns dabei alles über den Verkauf sowie die Haltung von Kamelen zu erläutern. Nach einem erfolgreichen Marktbesuch lassen wir uns von Malik zurück zu den Fahrzeugen fahren und wir verabschieden uns recht herzlich.

Zwei Tage später, wir sind auf den letzten mauretanischen Metern auf dem Weg in den Senegal, fahren wir kurz vor der Grenze in Diama an einem liegengebliebenen Mercedes 190 vorbei …. daneben steht Malik mit einem weiteren Mann und eine Frau sitzt im Schatten der Büsche. Im Kofferraum befinden sich zwei Schafe, die Malik seiner Familie für das Opferfest mitbringen möchte…


Sein alter Mercedes liegt am Strassenrand, hat den Geist aufgegeben - ein Teil des Fahrwerks hat er bereits demontiert, und versucht irgendwie an ein Ersatzteil aus dem Senegal zu kommen. Danach geht alles sehr schnell. Malik steigt bei den Dresdnern in den LT , die Grenze passiert er im Anschluss zu Fuss und wir verlieren ihn aus den Augen.

Es dauerte eine ganze Zeit, bis wir die Grenzformalitäten erledigt haben und die ersten Meter im Senegal unterwegs sind … da kommt uns ein Motorrad entgegen und als Sozius sitzt Malik fröhlich winkend und das ersehnte Ersatzteil schwenkend!

Das sich aus dieser ersten, hart verhandelten Taxifahrt solch eine nette Geschichte entwickeln würde, hätte keiner von uns gedacht, dennoch ist sie typisch für Begegnungen in Mauretanien und weckt in uns die Vorfreude auf den Senegal.

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Mauretanien . “On va voir” oder der Versuch eines Resümees

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Mauretanien . Nouakchott, der Fisch- und Kamelmarkt