Mauretanien . “Da haben wir den Salat” oder “Glück im Unglück”

„Nun, da haben wir den Salat.“ So hat Herr L seine Facebook Freunde über die letzten Züge unseres Unimog-Motors informiert. Oder wie Frau G auf Instagram schrieb: „Glück im Unglück“.

Jeweils eine kurze und knappe Mitteilung, hinter der sich trotz unterschiedlicher Formulierung die selbe Geschichte verbirgt.

Es begann im Sommer 2020, als unserer Zugmaschine ein neuer/andere Motor eingebaut wurde - einen der bekanntesten Motoren, der „OM 366 LA“.

Verglichen mit seinem Vorgänger, ist dieser bedeutend stärker und hat aufgrund seiner Leistungskurve ein deutlich besseres Durchzugsverhalten. Nicht dass wir mit diesem Motor an der Rallye Paris - Dakar teilnehmen wollten, jedoch sorgen die vermehrten PS dafür, dass wir den Motor auch im Gelände nie an seine Leistungsgrenze bringen müssen, was wiederum ein entspannteres Fahren ermöglicht.

Dieser neu eingebaut Motor war ein sogenannter „generalüberholter Motor“, d.h dass der Motor komplett revidiert wurde. Sprich dabei werden die Zylinder herausgedreht, die Kolben neu eingepasst, sämtliche Lager der Kurbelwelle erneuert, sowie die Einspritzung und weiter Kleinigkeiten optimiert. Dieser revidierte Motor ist also „wie neu“ und weisst auch die Kenndaten eines solchen aus!


Anstandslos lief dieser Motor ca. 15’000 km und hat sich durch alle Geländewidrigkeiten der Sahara gearbeitet.

Nach unserer letzten Offroad Tour entlang der Eisenbahnlinie wurden wir kurz vor der Wüstenstadt Atar von den Auswirkungen der heftigen Regenfälle überrascht. Das erste Mal seit ca. 5 Jahren fiel hier in der Region der erste Regen und es wurden die Himmelsschleusen geöffnet.

Innert kürzester Zeit stand hier alles unter Wasser und es hat riesigen Spass gemacht, mit dem Unimog durch die Fluten der Flussbetten zu preschen und somit eine riesige Bugwelle zu mit seitlichen Fontänen zu erzeugen. Kurz vor Atar haben wir mehrere Furten, an denen für zahlreiche Fahrzeuge kein Durchkommen mehr möglich war, passiert. Auch hier hatte das Gefährt auf Grund seines Eigengewichtes und seiner Watttiefe von 1.20 m, keinerlei Probleme.

Kaum in Atar angekommen, fuhren wir zu ersten Tankstelle und tankten den berüchtigten „dreckigen Diesel“ Mauretaniens und fuhren Richtung „Bab Sahara“, einem empfohlenen Campingplatz … Kaum an der Tankstelle losgefahren, bemerkten wir den dicken, schwarzen Rauch, der aus dem Auspuff kam. Doch nicht schlimm genug, beunruhigten uns eine mangelnde Motorleistung, sowie ungewohnte Geräusche aus dem Motorraum.

Sofort setzt das Kopfkino ein … haben die Wasserdurchfahrten den Motor geschädigt, oder hat der „dreckige Diesel“ den unzähligen Filter zugesetzt?

Kaum im „Bab Sahara“ angekommen, wurde der beste Mechaniker der Stadt herbei gerufen… Wie ein Schamane lief dieser um das Fahrzeug herum, lauschte, horchte in den Motor, nickte wissend und empfiehlt uns den Austausch sämtlicher Kraftstofffilter. Gesagt, getan, Dieselzufuhr entlüften, Motor starten… Motor läuft!

Jedoch alles andere als sauber, weiter unrund und aus dem Auspuff qualmt weiter eine dicke, schwarze Wolke.

Erneut kontaktieren wir den Mechaniker - Schamanen und fahren mit offenem Motorraum in dessen „Werkstatt“. Was die europäische Definition einer Autowerkstatt anbelangt, lassen wir an dieser Stelle Bilder sprechen, Worte können die Situation kaum beschreiben.

Autowerkstatt

Noch einmal wird der Motor genau „belauscht“, anschliessend das Ventilspiel justiert und die Kraftstoffpumpe gereinigt… ohne nennenswerte Verbesserung.

Der Motor hat also ernsthaft Schaden genommen!

Mit dem Mechaniker beschliessen das Gefährt wieder auf das Campingareal zu fahren und der Mechaniker verspricht dort am nächsten Morgen den Motor auseinander zu bauen. Und der Besuch endet mit einem uns inzwischen wohlbekannte „Inshallah“.

Sonntag Nachmittag - die besten Mechaniker des Ortes kommen zu dritt und sind zeitweise sogar zu viert am und im Motorrad beschäftigt. Einer kocht und verteilt Tee, die anderen schrauben. Innerhalb von 2 Stunden ist der Motor zerlegt und die Ursache des schwarzen Rauches, des Leistungsverluste und er komischen Geräusche liegen sichtbar ausgebreitet vor uns. An einem der sechs Zylinder ist ein Kolbenring gebrochen und in Folge dessen ist die Zylinderkopfdichtung geplatzt.

Openair-Werkstatt im “Bab Sahara”

Erstmal sind wir beruhigt, dass unsere wilden Wasserdurchfahrten dem Gefährt keinen Schaden zugefügt haben, ob allerdings der vermutete Auslöser auf Grund der Motoren-Revision entstanden ist, werden wir wohl nie herausfinden. Aber nach den Tagen der Ungewissheit, zeichnet sich eine Problemlösung bzw. dessen Behebung am Horizont ab.

Jetzt warten wir den dritten Tag auf das Ersatzteil. Der Mechaniker hatte den betroffenen Kolben, per Bus in die ca. 500 km entfernten Hauptstadt Nuakschott in die Hauptstadt geschickt. Gestern Abend wurde dieser mit samt des neuen Kolbenrings wieder zurück nach Atar geschickt. Nun warten wir auf den Besten Mechaniker der Stadt - der den Kolben bereits gestern wieder einbauen wollte - „inshallah“.

Trotz des ganzen “Hin-und Her” hatten wir definitiv „Glück im Unglück“, denn was wäre gewesen wenn der Schaden 150 km früher, also mitten in der Wüste, eingetreten wäre? Wo hätten wir die unzähligen Dromedare aufgetrieben, die unser 10 Tonnen schweres Gefährt in die Stadt geschleppt hätten?

Und dass es schlimmer kommen kann, haben wir gestern Nachmittag erlebt. Da haben sich unsere Dresdner Freunde so zu sagen, mit letzter Kraft auf den Campingplatz geschleppten. Das Getriebe ihres Fahrzeuges hat sich im wahrsten Sinne des Wortes selber aufgelöst …

Sie müssen ihre Ersatzteile aus Deutschland organisieren (VW LT ist hier unbekannt), diese nach Nuakschott senden lassen, von dort mit dem Bus zum Campingplatz nach Atar.

Kurzum ca. 2 Wochen Zwangsaufenthalt - allerdings hatte das Wiedersehen was von „nach Hause kommen“ und stehen unsere beiden Fahrzeuge wieder vereint auf dem Campingplatz nebeneinander und wir machen das beste aus der Zeit.

Abwarten und Teetrinken . wir geniessen die mauretanische Gastfreundschaft

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Mauretanien . Nouakchott, der Fisch- und Kamelmarkt

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Sahara / الصحراء . viel mehr als eine Wüste . ein Lebensraum