Marokko . Von der Ankunft bis zum Berberteppich

Wie kommt man in Marokko innerhalb weniger Tage zu einem Berberteppich?

Nun, erst einmal ist es wichtig in Marokko anzukommen und durch die Zoll und Polizeikontrollen zu kommen. Uns gelang dies auf eine seltsam einfache und angenehme Weise und so fuhren wir, glücklich darüber den afrikanischen Kontinent erreicht zu haben, nach Tanger rein. Die Strassen, Gehwege und nahegelegenen Grünanlagen füllten sich in den Abendstunden mit Menschen jeglichen Alters und es schien, als würde das ganze Leben nach draussen verlegt werden. Der wuselige Verkehr vermittelte uns einen ersten Eindruck, was es bedeuten würde hier im Verkehr bestehen zu müssen.

Mittels einer speziellen App (iOverlander) suchten wir nach einem nahegelegenen Campingplatz, wurden fündig und fuhren zielstrebig dorthin. Enttäuschung machte sich breit, als wir dort feststellen mussten, dass der Campingplatz zu einer grossen Baustelle mutiert war. Im Allrad Modus durch die Baustelle, drehen und mit viel Frust im Bauch 40 km in südliche Richtung am Meer entlang, nach Assilah. Dort fanden wir einen schönen Campingplatz (Echrigui) auf dem wir zwei Tage verbracht haben, um noch ein paar Arbeiten am „Gefährt“ zu erledigen (siehe Blogbeitrag “helfende Hände”, Ergänzung vom 11. Mai 2022).

Bevor es zum nächsten Reiseziel gehen konnte, ging es für einen kurzen Abstecher zurück nach Tanger, in ein LKW Werkstatt. Auf der Innenseite des rechten Vorderrades lief eine Flüssigkeit runter und wir hatten Bedenken, dass die Vorderachse des Gefährts Öl verliert, war aber falscher Alarm, alles gut! Das Öl des Differentials hat sich in der Hitze Marokkos ausgedehnt und sich einen Weg nach draussen gesucht,

Bei dieser Aktion machten wir zum ersten Mal Erfahrungen mit der Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Marokkaner. Ein netter, älterer Herr, der sehr gut französisch sprach vermittelte uns den Werkstatttermin und in der Werkstatt selber, verzichtete der Inhaber darauf, uns irgend etwas in Rechnung zu stellen. Umgerechnet haben wir ihm dann doch 10 Euro zukommen lassen und das obligatorische Foto gab es noch dazu.

Garage Universal du Nord

Danach brachen wir gen Süden auf - nach Kenitra. Eine Stadt am Atlantik, die knapp 500'000 Einwohner zählt und die wir, vorbei an grossen Bananen-plantagen nach ca. 170km erreichten.

Doch warum wieder eine grosse Stadt, obwohl Marokko soviel für Offroader zu bieten hat? Weil wir auf der Fähre von Genua nach Tanger feststellen mussten, dass die Navigation auf dem Tablet mit einem eingerichteten Hotspot nicht funktioniert. Nach Rückfrage beim App Entwickler hiess es, dass dies entweder über ein Tablet mit SIM-Karte, oder über ein externes GPS Gerät funktioniere … also machten wir uns in der grossen Stadt auf die Suche nach einem externen GPS Gerät …

Kurzum: wir wurden nicht fündig. Allerdings hatten wir einen sehr netten Taxifahrer kennengelernt, der uns vorbei an unzähligen Störchen (auf fast jeder Laterne gab es ein Storchennest) von einem Elektromarkt zum nächsten fuhr, viel über die politischen Verhältnisse im Land erklärte, bei dem lautstark Modern Talking aus dem Radio brüllte und bereitwillig immer wieder auf uns wartete.

Indes haben wir das GPS Gerät im Internet bestellt und aus der Schweiz nach nach Tafraout schicken lassen - eine kleine aber sehr schöne Stadt im Anti-Atlas, in der sich ein ehemaliger Arbeitskollege aus dem Opernhaus niedergelassen hat. Dies eine weitere Geschichte für den Blog.

Nachdem soweit alles (gefühlt) erledigt war, ging es für uns weiter Richtung Meknès, eine der vier Königsstätte (Fès, Marrakesch, Meknès und Rabat) in Marokko. Die Landschaft wurde allmählich gebirgiger, wilder und nach gut 4 Stunden Fahrt erreichten wir Meknès, entschieden uns aber vorher zu einem Abstecher nach Volubilis.

Volubilis (latein), heute arabisch وليلي, UNESCO Weltkulturerbe und Ausgrabungsstätte, nicht weit von Meknès entfernt. Hier finden sich die am besten erhaltenen Monumente aus der römischen Antike Nordafrikas. Triumphbögen, Überreste von Tempelanlagen und gut erhaltene Mosaike aus Badeanlagen zeugen von einer längst vergangenen Zeit, in dem das römische Reich seine grösste Ausdehnung (ca. 115-117 nach Chr.) hatte.

Zurück in Megnès, ⴰⵎⴽⵏⴰⵙ Ameknas, arabisch مكناس, entschieden wir uns für einen bewachten Stellplatz mitten in der Stadt, an der grossen Stadtmauer, die den ganzen Königspalast mit den dazugehörigen Moscheen umschliesst. Der Rummel, der sich neben dem Stellplatz befand, war geschlossen und es war nur die Geräusche der Stadt zu hören.

Kaum angekommen, stellte sich uns ein ca. 50 Jähriger Mann vor, der uns seine Dienste als Guide anbot. Nachdem wir einen Festpreis für einen vierstündigen Stadtrundgang vereinbart hatten, ging es los. Er erklärte uns vieles zur Geschichte der Stadt mit ihren heute knapp 600’000 Einwohnern, dem Islam und seine 5 Grundpfeiler, wir besuchten Moscheen, den Souk, er zeigte uns die Art und Weise wie ein klassisches Hamam beheizt wird, wir assen Gebäck bei Berberfrauen und wirklich keine Frage blieb unbeantwortet.



… und dann kam die Stunde des Nachmittagsgebetes. Unser Guide entschuldigte sich, es sei nun die Stunde des Mittagsgebet und empfahl uns einer sogenannten Teppichkooperative an - getrennt von ihrem Mann lebende, geschiedene Berberfrauen finden hier eine neue Existenzgrundlage, eigentlich eine tolle Sache. Die Teppiche sind wirklich sehr schön gewoben, wir glaubten die unglaubliche Arbeit die dahinter steckt erkennen zu können und ehe wir uns versahen waren wir stolze Besitzer eines solchen Berberteppich!

Dazu muss festgehalten werden: wir brauchen keinen Teppich, wir wollen keinen Teppich und haben schlussendlich sogar zwei neue Teppiche! Wir hatten im Vorfeld viel über diese Verkaufsmasche gelesen und ehe wir uns versahen, sind wir trotzdem reingetappt. Die Teppiche wurden mit Fedex in die Schweiz geschickt und zu allem Überfluss hatten wir auch den zu zahlenden Zoll nicht mit eingerechnet …

Unser Guide hatte alles gut getimt, holte uns just nach Kaufabschluss ab, freute sich mit uns über den Kauf (wieviel Provision wird er wohl erhalten hat?)  und geleitete uns weiter durch den Souk, brachte uns in diversen andere kleinen Läden und Handwerkern vorbei, aber unser Budget war definitiv ausgereizt. Daher brachte er uns zurück zum Stellplatz, wo uns die nächste Überraschung erwartete: mittlerweile war der Rummel zum Leben erwacht und es herrschte Halli Galli … Kettenkarussell, Boxauto, Kinderkarussell und sonstige Vergnügungen raubten uns den Schlaf und die Tatsache, dass sich unser Guide nochmals 100 Dirham aus unserem Geldbeutel fischte, machte uns das Einschlafen auch nicht leichter.

PS: Inzwischen sind wir ein eingespieltes Team und Meister im Abschütteln von Teppichverkäufern … konnten wir in der Kooperative Tafraouts gerade vor ein paar Tagen ausprobieren.

Zurück
Zurück

Marokko . der Klang der uns begleitet …

Weiter
Weiter

Vom Leben im Gefährt